Palast der Republik, 1976-1990
Größtes politisches Funktions- und Repräsentationsgebäude in der DDR
Der P. wurde als Sitz der ›Volkskammer der DDR‹ und repräsentativer Treffpunkt für alle Bürger der DDR im Zentrum Berlins, auf dem Marx-Engels-
Platz, anstelle des schon 1950 gesprengten Berliner Stadtschlosses errichtet. Nachdem 1974 der Chefarchitekt von Berlin, Joachim Näther, wegen seines Widerstandes gegen den Standort des P. abgelöst worden war, wurde das 180 m lange, 85 m breite und 32 m hohe Gebäude von einem Architektenkollektiv unter Leitung von Heinz Graffunder erbaut. Es wurde 1976 mit dem vom 18.-22. Mai stattfindenden IX. Parteitag der SED eröffnet. Verwaltungsmäßig war der P. eine Einrichtung des ›Ministerrats der DDR‹, der für dessen Betrieb und Unterhalt insgesamt 1750 Mitar-
beiter beschäftigte.
Als ein »Haus des Volkes« konzipiert, enthielt der P. in seinem nördlichen Teil Plenarsaal und Büros der Volkskammer, außerdem befanden sich darin ein gro- ßer, 5000 Personen fassender Kongreßsaal, weitere Tagungsräume, ein Theater, eine Kunstgalerie und mit Gemälden bekannter Maler aus der DDR geschmückte Foyers, Bowlingbahnen, ein ›Jugendtreff‹ mit Diskobetrieb sowie 9 Restaurants und Cafés mit insgesamt 1500 Plätzen. Die Palastgastronomie konnte bei Kongressen und anderen Großveranstaltungen mehrere tausend Teilnehmer mühelos versorgen. Da
deren Angebot für DDR-Verhältnisse gut und sehr preiswert war, entwickelte sich der P. zu einem Kommunikationszentrum für Berliner und Berlintouristen.
Insgesamt über 70 Mio. Menschen nahmen dort teil an Ausstellungen, »Tagen der Volkskunst«, Shows, Theatervorstellungen, Konzerten, Ball- und Kinderveranstaltungen.
Für die Partei- und Staatsführung war der P. gedacht als ein Symbol ihrer Politik, die sich ja gern als Vorwegnahme und Vollzug des Volkswillens darstellte. So wurde er für große Empfänge und repräsentative internationale Veranstaltungen genutzt; seit seiner Eröffnung fanden im P. auch alle SED-Parteitage, FDGB-Bundeskongresse und FDJ-Parlamente statt.
Die Parteiprominenz nutzte das Gebäude zudem, um mit Bällen für »verdienstvolle Werktätige«, etwa dem ›Ball der Jugendbrigaden‹, ihre »Volksverbundenheit« unter Beweis zu stellen. Zum Marx-Engels-Platz
hin war dem P. eine ausladende Tribüne vorgelagert, auf der sich bei Massenkundgebungen die Führungselite der DDR zusammenfand, um die einstudierten Huldigungen der »begeisterten Massen« entgegenzu-
nehmen.
Auflösung/Ende:
Die Stahlträger des P. wurden gemäß einer in den 70er Jahren üblichen Bautechnologie mit insgesamt 720 Tonnen Spritzasbest ummantelt. Da aus dieser zu Brandschutzzwecken aufgebrachten Schutzschicht bei Erschütterungen mikroskopisch feine, krebserregende Asbestfasern in die
Atemluft austreten können, verbreitete sich Anfang 1990 die Besorgnis, ein Aufenthalt im P. könnte gesundheitsgefährdend sein. Obwohl Gutachter zunächst keine Belastung über dem zulässigen Höchstwert festgestellt hatten, forderten die ständig im Gebäude anwesenden Angestellten dessen vorläufige Schließung zum Zweck einer schnellstmöglichen Sa-
nierung. Daraufhin zog die Volkskammer aus und hielt ihre letzten Tagungen im ehemaligen Gebäude des ›Zentralkomitees der SED‹ ab; nun forderten vor allem politische Kräfte die Schließung des P., die im September 1990 erfolgte. Seitdem schwillt ein vielstimmiger Meinungsstreit an und wieder ab, in dem politische, ideologische, nostalgisch-sentimentale, künstlerisch-konfuse, finanzielle und seuchenpro-
phylaktische Argumente in bunter Mischung gegeneinander vorgebracht werden. Eine endgültige Entscheidung über Verwendung oder Vernichtung des P. steht noch aus.
[Lexikon der Organisationen und Institutionen: Palast der Republik, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 32: Enzyklopädie der DDR, S. 9337 (vgl. DDR-Org. u. Inst., S. 780 ff.) (c) 1994 by Rowohlt Taschenbuch Verlag]
Der Palast der Republik + | |
Er steht mitten in der Mitte Berlins. Was aus ihm werden wird weiß kaum jemand, meine wenigen Stückchen aus und über ihn bleiben aber sicher erhalten.
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